erstellt von Malte Hahn, Hospiz Team Nürnberg e.V. Die Liste der Punkte, die nach Eintritt des Todes zu beachten sind, finden Sie weiter unter, die Liste der zu beachtenden Formalia am Ende.
Die Begleitung eines sterbenden Familienmitgliedes und dessen Tod, erzeugt meistens eine Situation, die organisatorisch und gefühlsmäßig schwer zu bewältigen ist. Viele empfinden diese Zeit als chaotisch, können nur noch schwer klare Gedanken fassen und die Gefühle fahren Achterbahn. In dieser Situation kann eine Checkliste als Leitfaden helfen. Sie stellt dabei keine systematische Aufzählung, die alles erfasst dar. Es geht vielmehr um wichtige Punkte, die in dieser Lebenssituation weiterhelfen.
Gedanken und Impulse zur Begleitung eines Sterbenden:
1. Geben sie Zeit und Raum, damit sie ihren sterbenden Angehörigen gut begleiten können. Geben sie sich einen Rhythmus, einen Tagesablauf, der sowohl ihnen als ihrem Angehörigen gut tut. Nutzen sie den Augenblick – dass er zur erfüllten Zeit wird. Wenn sie das Bedürfnis haben, dann gestalten sie die Zeit mit ihren gemeinsamen Erinnerungen, mit der Lieblingsmusik, Lieblingsessen… aber auch mit Ruhe, Stille.
2. Haben sie auch den Mut etwas alleine zu machen und achten sie auf ihren Angehörigen, ob auch er Zeit braucht, in der er alleine sein möchte.
3. Ob sie sich in den Arm, oder in die Hände nehmen; ob sie sich gemeinsam Erinnerungsphotos ansehen, miteinander reden, oder sich etwas vorlesen; ob sie miteinander weinen, oder fröhlich sind – es ist ihre Zeit, die sie so gestalten sollten, dass es für Sie zusammen mit ihrem sterbenden Angehörigen erfüllte Zeit ist.
4. Achten sie auf ihre Zeit, gönnen sie sich Entspannungspausen, damit sie dann auch wieder ganz da sein können. Überlegen sie wie sie Unterstützung aus ihrem Familienkreis bekommen können, aber auch von Freunden. Die ambulante Hospizarbeit (z.B. des Hospiz-Teams Nürnberg) kann hier eine wichtige Entlastung und Hilfe sein.
5. Achten sie auf den Raum, die Atmosphäre, Licht, Geruch/ Duft, den ein oder anderen schönen Erinnerungsgegenstand, evt. auch Blumen, Bilder, Kerzen.
6. Damit die Lebensqualität für ihren sterbenden Angehörigen möglichst weitgehend erhalten bleibt ist es wichtig auf die medizinischen Zusammenhänge wie z.B. Schmerzen zu achten. Fragen sie dazu ihren Hausarzt. Falls weitere Beratung, medikamentöse Einstellung des Patienten notwendig ist helfen Palliativ-Beratungsschwestern der ambulanten Hospizdienste und die Palliativstationen der Krankenhäuser weiter.
7. Essen und Trinken sind grundlegende Bedürfnisse. Ein sterbender Menschen verträgt unter Umständen nicht mehr alles, auch der Appetit kann vermindert sein. Die Zubereitung von Lieblingsessen kann da unterstützen. Menschen, die sehr nahe am sterben sind haben noch weniger, oder auch keinen Appetit mehr. Auch Flüssigkeit benötigen sie nicht mehr in den Mengen, wie ein gesunder Mensch sie benötigt. Dies sollten wir respektieren. Falls sie sich in diesen Fragen unsicher sind, können die Palliativen Beratungsdienste, ambulanten Hospizdienste und ihr Arzt sie beraten.
8. Wenn ein Sterbender nicht mehr schlucken kann: Der Sinn einer Sondenernährung (PEG) ist in der Sterbephase sehr umstritten. Ethisch bewegen wir uns auf einem sehr schwierigen Gebiet, da unterschiedliche Rechtsgüter miteinander vereinbart werden müssen, die sich konträr entgegenstehen können. Auf der einen Seite hat der Patient das Recht auf ein menschenwürdiges, selbstbestimmtes Sterben, auf der anderen Seite kann PEG auch bedeuten, dass der Patient noch sinnerfüllte Zeit erleben kann. Mit dieser Frage sollte sich der Patient im Vorfeld auseinandergesetzt haben und einen eindeutigen Wunsch, am besten in einer Patientenverfügung niederschreiben und eine Betreuungsvollmacht für den Fall festlegen, wenn er nicht mehr alleine entscheidungsfähig ist.
9. Achten sie aufeinander und nehmen sie das ernst was ihr Gegenüber sagt, welche Wünsche er äußert, was er klären möchte, was er gemeinsam mit ihnen besprechen möchte.
10. Achten sie darauf welche Dinge noch angesprochen werden müssen / sollen – lassen sie dies auch von Seiten ihres sterbenden Angehörigen zu. Eine Frage ist auch ob alle wichtigen Nachlassangelegenheiten geregelt sind.
11. Manchmal sind es die kleinen Dinge des Alltags, die wichtig werden – ein Blick, oder Schritt in den Garten, der Besuch der Kinder, ein gemeinsamer Lieblingsfilm, ein Psalmwort mit dem man etwas verbindet.
Gedanken zur Sterbephase aus Sicht eines Sterbenden (nach: Bielefeld):
1. Ich möchte, dass der behandelnde Arzt sein Recht und seine Pflicht wahrnimmt, mir die Wahrheit über meinen Zustand soweit zu sagen, wie ich sie im Augenblick verkraften kann. Ich möchte nicht belogen werden und durch mein Nachfragen Schwestern und Angehörige in Verlegenheit bringen.
2. Ich möchte, dass Arzt, Schwestern, Seelsorger, Angehörige mir gegenüber mit einer Zunge reden und mir nicht durch ausweichende Antworten auf meine Fragen Misstrauen einflößen.
3. Ich möchte, dass der Zeitplan im Krankenhausablauf weitgehend an meinen Bedürfnissen und Möglichkeiten (Schlafen, Essen, Behandlungen) orientiert wird.
4. Ich möchte in dem Bett und Zimmer bleiben, in das ich eingeliefert wurde. Ich möchte nur dann verlegt werden, wenn ich es selber wünsche oder einverstanden bin.
5. Ich möchte über alles, was mit mir gemacht wird, ausführlich und verständlich informiert werden.
6. Ich möchte, dass die Entscheidung über medizinische Maßnahmen sich daran orientiert, ob sie mir helfen können, und nicht daran, ob sie der Auslastung der Geräte, oder dem wissenschaftlichen Fortschritt dienen, es sei denn, ich bin mit letzterem ausdrücklich einverstanden. Ich möchte, dass bei mir nur dann lebensverlängernde Maßnahmen durchgeführt werden, wenn sie mir, oder meinen Angehörigen dazu verhelfen, noch wichtige Dinge zu erledigen, oder dass liebe Menschen mich noch lebend erreichen, um Abschied zu nehmen.
7. Ich möchte, dass durch entsprechende Medikamente meine Schmerzen erträglich gehalten werden, ich aber nicht in einen Dämmerzustand versetzt werde, der es mir unmöglich macht, noch zu regeln, was ich regeln möchte.
8. Ich möchte, dass man mich allein lässt, wenn ich es möchte. Ich möchte dass meine Angehörigen, auch für längere Zeit und auch nachts, bei mir bleiben können, wenn ich es wünsche.
9. Ich möchte, dass nach Möglichkeit auch meine Angehörigen menschlich betreut werden, für die mein Sterben vielleicht schwerer ist als für mich.
10. Ich möchte, dass mir der Besuch eines Seelsorgers und der Empfang der Sakramente angeboten und im entsprechenden Rahmen ermöglicht werden, wenn ich es wünsche.
11. Ich möchte, dass ich auch als Bewusstloser noch angesprochen werde und nicht über mich geredet wird, als lebte ich nicht mehr und ich möchte bis zum Schluss hygienisch gepflegt werden und nicht verkommen.
12. Ich möchte, dass in meiner letzten Stunde jemand bei mir ist, der mir die Hand hält, mir den Schweiß abwischt, die Lippen befeuchtet, der mit mir betet, wenn er es kann und ich es wünsche.
Checkliste Todesfall, nicht nur zu Hause
Gedanken und Impulse bevor der Bestatter kommt:
1. Nehmen sie sich Zeit, für alle Dinge die für sie wichtig sind um sich von ihrem verstorbenen Lieben gut verabschieden zu können. Verfallen sie nicht in Hektik und Betriebsamkeit. Sie können ihren Verstorbenen bis zu 72 Std. zu Hause lassen. Entscheiden sie nach ihrem Gefühl und Bedürfnis, denn der Mensch wird nach dem Sterben nicht giftig, dass er gleich abgeholt werden müsste. Da sich Gefühle und Bedürfnisse nach dem Tod eines geliebten Menschen auch häufig ändern, klären Sie mit dem Bestatter ab, ob er zu jeder Zeit den Verstorbenen abholen kann, wenn Sie Abschied genommen haben und für sich sein möchten.
2. Falls ihr verstorbenes Familienmitglied in der Nacht gestorben ist und sie ihn in der Nacht begleitet haben – achten sie auf ihre Kräfte. Die Zeit drängt nicht. Wenn es ihnen gut tut, dann schlafen sie ein bischen, damit sie Kraft für das Kommende tanken können.
3. Nach der Nacht reicht es immer noch ihren Hausarzt zu rufen, damit er den Totenschein ausstellen und die anderen Formalitäten erledigen kann. Der Hausarzt muss von Ihnen nur den Zeitpunkt des Todes mitgeteilt bekommen.
4. Auch für die Verständigung des Bestatters reicht es noch am nächsten Tag. Hilfreich ist es sich mit diesem am nächsten Tag zu treffen, da er sie bei der Gestaltung des Abschieds unterstützen kann, und weiß, an welche Dinge sie denken ist.
5. Sehen sie ob es stimmig für die ist, Kontakt zu ihrem Seelsorger, Pfarrer, Geistlichen aufzunehmen – je nachdem welche religiöse, oder spirituelle Ausrichtung sie haben.
6. Denken sie auch daran für sich selbst zu sorgen. Kochen sie sich selbst, oder besser lassen sie sich einen Kaffee, oder Tee kochen – wenn sie können, essen sie etwas.
7. Welche Familienmitglieder / enge Freunde möchten sich verabschieden und sollten verständigt werden. Gestalten sie die Zeiträume, so dass sie selbst genug Zeit haben.
8. Achten sie auf sich, in welcher Atmosphäre sie sich verabschieden möchten: Möchten sie ihr verstorbenes Familienmitglied noch drücken, in den Arm nehmen, die Hand halten oder streicheln? · Möchten sie dicht in der Nähe bleiben? · Möchten sie noch mit ihm reden? Dann reden sie mit ihm so als hört er ihnen zu (ob der Verstorbene noch etwas wahrnehmen kann, die Seele… können wir nicht sagen – unsere Werthaltung ist es jedoch, alles so zu sagen als hört uns der Verstorbene – deswegen sprechen wir ihn auch direkt an) · Beachten Sie die Atmosphäre des Raumes. Was tut Ihnen im Raum gut? Möchten sie eine Kerze aufstellen, ein Kreuz, Blumen, ein Bild, einen wichtigen Gegenstand, ein Duftöl…? Möchten sie die Lieblingsmusik auflegen, oder möchten sie Stille. · Ist es ihnen wichtig das Fenster zu öffnen – das kann ganz unterschiedliche spirituelle Bedeutungen haben. · Möchten sie ihren Verstorbenen waschen, ihm die Augen schließen, das Kinn hochbinden, die Haare kämmen… ihn neu bekleiden – achten sie darauf, ob das für sie passt und wie es für sie passt. Möchten sie, dass der Bestatter sie dabei unterstützt, oder dies übernimmt? · In welchem Raum wollen sie sich verabschieden. · Möchten sie beten? Haben sie keine Scheu davor – es reichen ganz einfach Worte, oder auch ein stilles Gebet. Achten sie auch auf ihre Gefühle – alle ihre Gefühle sind in Ordnung. · Möchten sie eine Aussegnung. Diese können sie anhand des Kirchengesangbuches, oder auch frei gestalten. Möchten sie einen Pfarrer dazu? Gehören sie einer anderen Religion, oder Ritus an, dann nehmen sie Kontakt zu den Menschen auf, die Ihnen weiterhelfen können, oder gestalten sie diese Zeit selbst. · Sind Kinder dabei? Halten sie ihre Kinder nicht ab Abschied zu nehmen. Nehmen sie sich Zeit und begleiten sie ihre Kinder. Gehen sie auf die Fragen, Ängste und Sorgen ein. Nehmen sie es an, dass Kinder mit diesem Thema auch kindlich unbedarft umgehen und unterschiedliche Gefühle im dichten zeitlichen Ablauf durchlebt werden können.
9. Möchten sie ein Andenken (eine Haarlocke, Foto…)?
10. Nehmen sie sich Zeit sich gut zu Verabschieden, die anderen Dinge haben Zeit. Viele nehmen sich einen Tag, oder auch zwei Tage Zeit. Dies soll jedoch nicht als Norm verstanden werden, wenn sie die Zeit kürzer gestalten möchten ist das genauso in Ordnung. Wichtig ist, dass es ihre Zeit und ihr Abschied ist.
Checkliste zu Formalia: (Viele dieser Punkte geht auch ihr Bestatter mit Ihnen durch)
1. Gibt es eine Patientenverfügung/ eine Vertrauensperson, die in meinem Auftrag handeln soll?
2. Falls es keine Verwandten in direkter Linie gibt, ist ein Totenfürsorgeberechtigter benannt, oder gibt es einen Bevollmächtigten über den Tod hinaus?